„Rechtssicherheit geschaffen, die psychisch kranke Menschen verdient haben“ – Dr. Christos Pantazis hält letzte Rede in alter Wahlperiode

Am Mittwoch, 21. September hielt Dr. Christos Pantazis zum Tagesordnungspunkt 8, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahme für psychisch Kranke (Drs. 17/7146) seine letzte Rede in der alten Wahlperiode vor dem Niedersächsischen Landtag. Hier der Wortlauf.

Anrede,

in der rot-grünen Koalitionsvereinbarung „Erneuerung und Zusammenhalt“ haben wir versprochen, die während der letzten Wahlperiode ergangene Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts – gemeint ist hier der Beschluss des Zweiten Senats vom 23. März 2011, aber auch der vom 12. Oktober 2011 – zu den rechtlichen Voraussetzungen und Grenzen der Zwangsbehandlung in der psychiatrischen Unterbringung gesetzlich umzusetzen.

Denn die derzeit noch geltende Fassung lässt eine Zwangsbehandlung ohne besondere Voraussetzungen zu. Sie enthält damit bei einem Vergleich mit den vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärten Regelungen keine den grundgesetzlichen Anforderungen genügende Eingriffsermächtigung.

Vor diesem Hintergrund besteht seit 2011 dringender Handlungsbedarf, die Regelungen des Niedersächsischen Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen für psychisch Kranke in folgenden Punkten den rechtlichen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts anzupassen. Und zwar in Fragen:

Erstens der Zulässigkeit des Grundrechtseingriffs. Zweitens der materiellen Erfordernisse sowie drittens der verfahrensrechtlichen Sicherungen.

Anrede,

für die rot-grüne Regierungskoalition kann ich heute abschließend festhalten: wir haben Wort gehalten und angepackt. Denn nach Novellierung des Maßregelvollzugsgesetzes werden wir heute das Gesetz zur Änderung des Niedersächsischen Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen für psychisch Kranke hier und heute verabschieden und nach Jahren die Rechtsicherheit schaffen, die die Beschäftigten, die Einrichtungen, aber zuallererst die psychisch erkrankten Menschen verdient haben.

Mit dem hier vorliegenden Änderungsgesetz fördern wir ferner die Früherkennung psychischer Krankheiten – die Prävention –, und auch die Möglichkeiten der Selbsthilfe finden in der hier vorliegenden Beschlussempfehlung des federführenden Sozial- und Gesundheitsausschusses ihren entsprechenden Niederschlag.

Anrede,

Hilfen für psychisch erkrankte Menschen müssen vor Ort entwickelt werden. Mit diesem Änderungsgesetz stärken wir daher die Sozialpsychiatrischen Dienste und Sozialpsychiatrischen Verbünde als entscheidende Träger eines örtlichen Netzwerkes, das Hilfen mit dem Ziel koordiniert, Unterbringungen entbehrlich zu machen und den Betroffenen ein weitgehend selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen.

Das gleiche gilt auch für die Stellung des Ausschusses für Angelegenheiten der Psychiatrischen Krankenversorgung des Landes Niedersachsen und seiner Besuchskommissionen als wirksames und unabhängiges Beratungsorgan, womit auch die Wahrnehmung der Rechte von Patientinnen und Patienten verbessert wird. Es freut mich daher sehr, dass auch der Ausschuss für Angelegenheiten der psychiatrischen Krankenversorgung sich dieser Sicht anschließt und sich demzufolge einmütig für das hier vorliegende Änderungsgesetz ausgesprochen hat.

Anrede,

kein Gesetz verlässt das Parlament, wie es ursprünglich eingebracht worden ist. Ferner mangelt es der hier zugrundeliegenden rechtlichen Materie nicht an Komplexität, so dass sich der federführende Ausschuss übereinstimmend zu dieser Form der Novellierung zwecks Umsetzung der geltenden Rechtsprechung ausgesprochen hat. Vor diesem Hintergrund ist es mir – auch im Namen meiner Fraktion – ein Anliegen, mich ausdrücklich für die koordinierte Beratung im federführenden Ausschuss beim Gesetzlichen Beratungsdienst um Frau Brüggeshemke und Frau Dr. Schröder sowie bei Ihnen, Frau Ministerin Rundt und Ihrem Haus, für die rechtlich-fachliche Begleitung zu bedanken.

Zuletzt möchte ich auch den Kolleginnen und Kollegen des federführenden Ausschusses für die ausgesprochen konstruktive Zusammenarbeit danken und bitte Sie heute alle um Zustimmung zu dem vorliegenden Gesetzentwurf. Die Beschäftigten, die Einrichtungen, aber zuallererst die psychisch erkrankten Menschen haben es verdient.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!