Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrte Damen und Herren,
selbst wenn ich der Stoßrichtung des hier vorliegenden Antrages der Fraktion DIE LINKE grundsätzlich etwas abgewinnen kann, so ist dieser mitnichten neu. Schließlich haben wir einen nahezu gleichlautenden Antrag Ihrerseits in der letzten Periode im Rahmen der Beratung des GKV-Versichertenentlastungsgesetzes (GKV-VEG) 2018 lesen dürfen.
Ich darf an dieser Stelle nämlich freundlich daran erinnern, dass wir mit besagtem Gesetz 2019 nicht nur die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung wieder komplett paritätisch gestellt haben. Nein, wir haben – wie von Ihnen gefordert – auch und insbesondere Selbstständige mit geringem Einkommen bereits erheblich entlastet und Beitragsschulden abgebaut.
Uns war und ist selbstverständlich bewusst, dass hohe Beiträge zur gesetzlichen Krankenkasse Kleinselbstständige überfordern, die sich freiwillig gesetzlich versichern wollen. Indem wir eine einheitliche Mindestbemessungsgrundlage für freiwillig Versicherte von seinerzeit 1.038 Euro einführten, haben wir nicht nur eine massive Entlastung für die Betroffenen erreicht, wir haben auch den Solidargedanken im gesetzlichen Krankenkassensystem gestärkt.
In unserem Koalitionsvertrag setzt sich die Fortschrittskoalition genau mit dieser Problematik auseinander. Eine Lektüre desselbigen würde ich Ihnen herzlichst empfehlen. Darin haben wir festhalten: „Wir entlasten Selbstständige dadurch, dass Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung oberhalb der Minijobgrenze nur noch strikt einkommensbezogen erhoben werden.“ Und genau dazu bekennen wir uns auch!
Ich darf in diesem Zusammenhang allerdings zu bedenken geben, dass geringere Beiträge für die genannten Personengruppen auf dem von Ihrer Fraktion genannten Niveau in jedem Fall zu Mindereinnahmen in Höhe eines mittleren bis oberen dreistelligen Millionenbetrags führen würden. Und das in Zeiten einer angespannten Haushaltslage der GKV mit einem milliardenschweren Finanzdefizit.
Diese Mindereinnahmen können durch die Solidargemeinschaft nicht weiter ausgeglichen werden. Auch ist nicht nachvollziehbar, warum – wie von Ihnen gefordert – lediglich für eine Teilgruppe von freiwillig Versicherten Beitragsschulden ebenfalls zu Lasten der Solidargemeinschaft erlassen werden sollten.
Seriosität und Nachhaltigkeit sind zwei unverzichtbare Werte im politischen Kontext. Vor einer Umsetzung der hier gestellten Forderungen sollte daher zunächst die Frage der Gegenfinanzierung geklärt werden. Hierzu enthält ihr Antrag absolut keinen Gegenfinanzierungsvorschlag und ist folglich weder nachhaltig noch seriös umsetzbar!
Ich fasse daher zusammen: Ihr Antrag ist nicht nur kalter Kaffee aus 2018 – er schmeckt auch so. Fünf Jahre später ist er zwar aufgewärmt, aber immer noch so und geschmacklos wie damals. Ich möchte daher die Oppositionsfraktionen eindringlich darum bitten, ihrem selbstgerechten Anspruch einer sogenannten „Serviceopposition“ doch bitte auch Substanz folgen zu lassen. Das darf sich nicht nur im Stilmittel der Wiederholung erschöpfen, sondern vielmehr auf handfeste, lösungsorientierte Qualität der Anträge setzen. Denn ohne einen perspektivischen Ausgleich der Mindereinnahmen ist dieser Antrag schlichtweg nicht mehr als parteipolitische Selbstdarstellung.
In einem Punkt pflichte ich Ihrem Antrag abschließend gerne bei. Wir hätten sehr richtig diese Unterscheidung nicht, „wenn es keine private Krankenvollversicherung in Deutschland gäbe“. Deswegen muss an dieser Stelle ehrlich gesagt werden, dass für meine Partei das Erreichen einer Bürgerversicherung als langfristiges Ziel im Sinne eines Systems für alle weiterhin Bestand hat und haben wird.