Aktuelle Stunde
Niedersachsen geht voran – Strategie gegen Antibiotikaresistenzen umsetzen!
während der Plenarsitzung vom 26.10.2016
im Niedersächsischen Landtag
Es gilt das gesprochene Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident,
verehrte Kolleginnen und Kollegen,
am 18. November jährt sich zum achten Mal der Europäische Antibiotika-Resistenz-Tag. Alljährlich soll dabei europaweit die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf den verantwortungsvollen Gebrauch von Antibiotika gelenkt werden, damit auch in Zukunft wirksame Therapien für bakterielle Infektionskrankheiten zur Verfügung stehen.
Mit der Entdeckung der antibakteriellen Wirksamkeit des natürlich vorkommenden Penizillins – einem Wendepunkt in der Geschichte der Medizin – begann Mitte des vorigen Jahrhunderts der Siegeszug der Antibiotika. Allerdings auch jede unnötige, ungezielte oder unsachgemäße Anwendung der selbigen, die die Entstehung von resistenten Bakterienstämmen begünstigte. Schon im Jahr 1947 wurde eine Resistenz von Staphylococcus aureus gegen Penizillin beobachtet; heute ist dieses Antibiotikum gegenüber 90 Prozent aller Staphylokokken unwirksam.
Die Entstehung und Verbreitung resistenter Bakterienstämme ist eine Gefahr sowohl für den Einzelnen als auch für die öffentliche Gesundheit und kann zu erheblichen Belastungen für das Gesundheitssystem führen. Um in Zukunft solchen multiresistenten Erregern nicht völlig hilflos gegenüber zu stehen, werden stetig Präparate mit neuen Wirkstoffen sogenannter Reserveantibiotika entwickelt.
Ebenso wichtig wie die wissenschaftliche Entwicklung immer neuer Antibiotika bleiben aber der verantwortungsvolle Umgang mit den vorhandenen Präparaten und die konsequente Anwendung von Hygienemaßnahmen zur Prävention von Infektionskrankheiten. Dafür ist die Festlegung einer gemeinsamen Strategie unter Einbeziehung aller betroffenen Bereiche – im Sinne des One-Health-Gedankens – zwingend erforderlich.
Handlungsaspekte stellen dabei ein sorgsamer Antibiotikaeinsatz, eine verlässliche Surveillance (Überwachung und Bewertung) sowie präventiv ausgerichtete Hygienemaßnamen dar. In diesem Zusammenhang müssen die Aus-, Fort- und Weiterbildung von ärztlichem Personal, als auch die öffentlichkeitswirksame Information von Bürgerinnen und Bürgern im verantwortungsvollen Umgang mit Antibiotika und Hygienemaßnahmen elementar mitgedacht werden. Das Eindringen von Antibiotika und resistenter Keime in unsere Umwelt über Abwässer, Abluftanlagen und Wirtschaftsdünger macht deutlich, dass eine Strategie gegen Antibiotikaresistenzen nicht nur unterschiedliche Sektoren der Gesundheitsversorgung, sondern auch unseres Lebensumfeldes betreffen muss.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen,
als Gesundheitspolitiker, aber vor allem auch als Arzt, freut es mich außerordentlich, dass sich die Landesregierung dieses wichtigen Themas bereits allumfassend – in all den von mir skizzierten Handlungsfeldern und ressortübergreifend im Sinne des One-Health-Gedankens – frühzeitig angenommen hat und hierzu einen interministeriellen Arbeitskreis zur Strategie gegen Antibiotikaresistenzen implementiert hat.
Unter Federführung des Ministeriums für Gesundheit und Gleichstellung mit Beteiligung des Wissenschafts-, des Landwirtschafts- und des Umweltministeriums sind seit Mitte 2015 unterschiedlichste Maßnahmen initiiert und begleitet worden, um der übergeordneten Strategie, nämlich dem Erhalt der Wirksamkeit von Antibiotika für die Behandlung bakterieller Infektionserkrankungen bei Mensch und Tier bei gleichzeitiger Begrenzung und Reduzierung des Anteils antibiotikaresistenter Bakterien, Rechnung zu tragen.
Auch wenn der Abschlussbericht des auf zwei Jahren ausgerichteten IMAK für Mitte 2017 angekündigt ist. Die unterschiedlichen Aktivitäten der Landesregierung in Bezug auf Antibiotikaresistenz können bereits jetzt Fortschritte – ja Erfolge – vorweisen:
· So sank beispielsweise der Anteil von MRSA im stationären Bereich von 25 Prozent auf aktuell knapp 18 Prozent, was auf die Intensivierung hygienischer Maßnahmen im Rahmen des IMAK zurückgeführt werden kann. Wie der Präsident des Landesgesundheitsamtes, Matthias Putz, im heutigen Rundblick bestätigt hat.
· Ferner konnte nach Etablierung eines niedersächsischen Antibiotika-Minimierungskonzeptes aktuell ein Rückgang der Gesamtmenge antibiotischer Tierarzneimittel um 15 Prozent – ja bis zu 35 Prozent – verzeichnet werden. So spiegelt sich diese Entwicklung auch in der antibiotischen Therapiehäufigkeit in Beständen bei gleichbleibenden Tierenzahlen wieder. Auch hier kam es zu einem Rückgang von bis zu 50 Prozent.
· Durch Einsatz von Filteranlagen in Tierställen konnte die Belastung durch Immission drastisch reduziert werden.
· Wissenschaftlich konnte durch den neu geschaffenen Lehrstuhl für Krankenhaushygiene und Infektiologie an der Universitätsmedizin Göttingen (Frau Prof. Dr. Scheithauer) – neben dem bereits bestehenden Institut an der MHH (Herr Prof. Dr. Bange) – der integrale Stellenwert der Hygiene aufgewertet werden.
Für diese hier skizzierten ersten Erfolge der allumfassenden, ressortübergreifenden Strategie gegen Antibiotikaresistenzen möchte ich – stellvertretend für die beteiligten Häuser – federführend Ihnen, Frau Ministerin Rundt, aber auch Frau Ministerin Heinen-Kljajic, Herrn Minister Meyer als auch Herrn Minister Wenzel ausdrücklich meinen herzlichen Dank aussprechen. Denn diese Fortschritte zeigen, dass übergeordnete Maßnahmen sehr wohl Erfolge aufweisen können.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen,
trotz dieser Fortschritte gilt es, auch weiterhin den Herausforderungen der Bildung und Verbreitung neuer Resistenzen entschlossen zu begegnen.
Weil das Problem der Antibiotikaresistenz ein viel zu Ernstes ist, als dass es vermeintlich parteipolitischen Erwägungen geopfert werden sollte, appelliere ich abschließend an Sie alle – lassen Sie uns in der Strategie gegen Antibiotikaresistenzen – als Niedersachsen – gemeinsam vorangehen und diese weiterhin entschlossen fortführen.
Die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes werden es uns danken!
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!