Haushaltsberatungen 2019 – Haushaltsschwerpunkt Bundes- und Europaangelegenheiten und Regionale Entwicklung

Als europapolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion stellte Dr. Christos Pantazis während der Haushaltslesung am 12. Dezember 2018 im Niedersächsischen Landtag die europapolitischen Schwerpunkte im Haushalt 2019 vor.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Wir wohnen heute einer Premiere bei. Schließlich beraten wir erstmals den Einzelplan 16 für das neu geschaffene Ministerium für Bundes- und Europaangelegenheiten und Regionale Entwicklung. Niedersachsen hat als einziges Bundesland ein eigenes Europaministerium. Die Konstruktion ist einzigartig, erstrecken sich doch die Zuständigkeiten von der regionalen Ebene auf die Landesebene und von hier auf die Bundes- und EU-Ebene. Erkenntnisse, die hier gewonnen werden, können wir auf unterschiedlichsten Ebenen weitergeben. Dieser Ansatz macht das MB beispielsweise für die regionale Entwicklung des zweitgrößten Flächenlandes der Bundesrepublik Deutschland so wertvoll. Liebe FDP, dieses eigenständige Ressort bietet die besten Möglichkeiten, den Förderanforderungen der kleinen und mittleren Unternehmen sowie der Kommunen gerecht zu werden. Seine Errichtung bedeutet eine Aufwertung der Regionalentwicklung und schafft die Voraussetzung für den Erfolg bei der Weiterentwicklung und dem Ausbau. Betrachtet man sich allerdings Ihren Änderungsvorschlag zum Einzelplan 16, mit dem Sie das Ressort rückabwickeln wollen – Sie sollten sich eventuell an dem Wortbeitrag von Herrn Pancescu orientieren -, so haben Sie offensichtlich nicht begriffen, welchen Mehrwert dieser Ansatz und die Stärkung der Regionalentwicklung für ein Flächenland wie Niedersachsen haben. Ich möchte nur daran erinnern, dass Ihre Fraktion sowohl die Arbeit als auch die Betreuung durch das neue Ressort mit genau diesem Ansatz ausdrücklich gelobt hat, letztmalig vor zwei Tagen bei der ersten Beratung des Brexit-Übergangsgesetzes. Die Auswirkungen des Brexits auf Niedersachsen werden wir morgen im Rahmen der Fragestunde noch genauer beleuchten.

Auch insoweit leistet das Ministerium exzellente Arbeit, wie beispielsweise auch in der Frage des anstehenden  mittelfristigen Finanzrahmens der Europäischen Union und in der Frage, wie wir Niedersachsen hierbei stark aufstellen können. Dies wird meine Kollegin Dr. Liebetruth in ihrem Redebeitrag noch näher erläutern.Dem bereits erwähnten Lob und Dank möchte ich mich daher auch im Namen meiner Fraktion gegenüber Ihnen und Ihrem Haus, Frau Ministerin Honé, ausdrücklich anschließen. Nicht nur in schwierigen europäischen und regionalpolitischen Sachfragen, sondern auch in den Haushaltsberatungen haben wir uns durch Sie und Ihr Haus sehr gut betreut gewusst. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Willy Brandt hat einst gesagt: „Der Frieden ist nicht alles, aber alles ist ohne Frieden nichts.“ – Damit wären wir bei der Europäischen Union und ihrer Bedeutung. Als erfolgreichstes Friedensprojekt der Menschheitsgeschichte ist diese, wie einst Willy Brandt, im Jahr 2012 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden. Seit nunmehr 70 Jahren garantiert diese Union auf unserem Kontinent, der jahrhundertelang von Kriegen, Not und Elend geprägt war, Frieden. Willy Brandt, Flüchtling und kriegserfahren, wusste aber auch, dass nichts von selbst kommt und nur wenig von Dauer ist. Jüngste Entwicklungen wie aktuell die Gefährdung des Karfreitagsabkommens in Nordirland durch den Brexit führen uns nun sehr deutlich vor Augen, dass nichts selbstverständlich ist und mühevoll erkämpfte Errungenschaften schnell wieder verlorengehen können. Angesichts erkennbarer europafeindlicher und rechtspopulistischer Tendenzen auf europäischer Ebene kommt der Vermittlung des Europagedankens aus unserer Sicht eine besonders große Bedeutung zu. Insbesondere vor dem Hintergrund der anstehenden Wahl des Europäischen Parlaments am 26. Mai 2019 gilt es, den Mehrwert der EU zu vermitteln, und zwar in allen Lebensbereichen – von der Schule bis zur Umwelthilfe. Zahlreiche Beispiele zeigen, warum es dringend notwendig ist, die europäische Integration zu vertiefen und sich für Niedersachsen in Europa starkzumachen.

Wir sind der festen Überzeugung, dass die europäische Idee die Antwort auf die großen Fragen der Gegenwart und der Zukunft ist. Nicht nur beim Frieden, sondern auch beim Klimaschutz, bei den sozialen Regeln, in der Globalisierung oder bei der gerechten Besteuerung großer Unternehmen gilt: Die Probleme lassen sich nur gemeinsam lösen. Europa ist die Antwort.Die Regierungsfraktionen räumen daher der europapolitischen Öffentlichkeitsarbeit eine hohe Priorität ein und werden hierzu die wertvolle Arbeit des Europäischen Informations-Zentrums Niedersachsen mit zusätzlich 200.000 Euro fördern. Wir wollen hierdurch innovative Informationsangebote ermöglichen, um die Wahlbeteiligung bei den anstehenden Wahlen anzuheben. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich hatte es vorhin bereits erwähnt: Niedersachsen ist das zweitgrößte Flächenland unserer Republik mit ganz vielfältigen Regionen. So wie Europa mittlerweile regional denkt, stellt die Entwicklung unserer niedersächsischen Region mit dem Ziel, gleichwertige Lebensverhältnisse zu ermöglichen, einen Schwerpunkt unserer Haushaltsberatungen dar. In den letzten Jahren hat die regionale Entwicklung hervorragende Arbeit geleistet. Das Land ist mit den Ämtern für regionale Landesentwicklung nach Jahren der Abstinenz wieder in der Fläche präsent. Das Südniedersachsenprogramm greift, die internationale Zusammenarbeit in den INTERREG-Programmen ist etabliert, und die drei Metropolregionen sind als wichtige Plattform für Innovation neu aufgestellt. Dem wollen die Regierungsfraktionen Rechnung tragen und werden insbesondere der Metropolregion Hannover Braunschweig Göttingen Wolfsburg Mittel für eine Geschäftsstelle bereitstellen. Dadurch soll die Entwicklung zukunftsweisender Projekte in den Bereichen Gesundheitswirtschaft, Life Science, Digitalisierung und E-Mobilität maßgeblich verbessert werden.Verehrte Kolleginnen und Kollegen, als Sprecher meiner Fraktion für regionale Entwicklung freut es mich, dass wir entsprechend unserer Koalitionsvereinbarung Klein- und Mittelstädte im ländlichen Raum durch ein vom Land finanziertes Programm gesondert unterstützen werden.

Als Schwerpunkt unserer politischen Liste zollen wir dem Umstand Rechnung, dass viele niedersächsische Städte miteiner Einwohnerzahl von ca. 10.000 bis 50.000 eine wichtige Ankerfunktion für die sie umgebenden ländlichen Räume haben. Sie übernehmen Versorgungsfunktionen für ihr Umland und fungieren als Motoren der regionalen Entwicklung. Sie sehen sich allerdings auch infolge des demografischen Wandels diversen Herausforderungen gegenüber. Hier werden wir mit dem Programm „Zukunftsräume Niedersachsen“ – beginnend mit 2,5 Millionen Euro im Jahr 2019 und einer entsprechenden Verpflichtungsermächtigung für das Jahr 2020 – konzeptionelle Zukunftsprojekte mit Zuschüssen fördern. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, abschließend möchte ich die Gelegenheit ergreifen, mich bei fast allen Mitgliedern des federführenden Ausschusses für die ausgesprochen gute und kollegiale Zusammenarbeit im nun endenden Jahr zu bedanken. Uns alle eint der Glaube an die europäische Idee, dem erfolgreichsten Friedensprojekt der Menschheitsgeschichte.Mögen daher der Frieden und die Freude der Weihnacht als Segen im kommenden Wahljahr bleiben. In diesem Sinne: Friedliche Weihnachten Ihnen allen!