„Integration und Teilhabe müssen im Haushalt abgebildet werden“

Haushaltsberatungen 2017/2018 – Haushaltsschwerpunkt Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Migration

während der Plenarsitzung vom 13.12.2016 im Niedersächsischen Landtag

Es gilt das gesprochene Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident,
verehrte Kolleginnen und Kollegen,

das alles überlagernde Thema gerade auch bei der Aufstellung der Haushalte in den entsprechenden politischen Ebenen, vom Land bis zu jeder einzelnen Kommune, war in den vergangenen Haushaltsjahren die Entwicklung der Ausgaben für die Aufnahme und Integration von Flüchtlingen. Der Anstieg der Zugangszahlen insbesondere seit Anfang September 2015 und in den ersten Monaten des laufenden Jahres stellte auch unser Land vor große Herausforderungen. Dabei stand und steht außer Frage, dass Schutzsuchende in Niedersachsen die erforderliche Hilfe erhalten und Belastungen der Kommunen abgefedert werden.

In dieser historischen Phase unseres Landes gilt es, sich dieser Verantwortung zu stellen und diese auch zu meistern. Denn die Menschen in unserem Land haben eine klare Erwartungshaltung an die Politik: Sie wollen, dass wir Orientierung geben und klar sagen, wie es weitergehen wird.

Während wir 2015 und 2016 unsere ganze Kraft auf die Versorgung und Unterbringung der vielen Flüchtlinge verwendeten, folgt nun die weitaus größere Aufgabe – die Integration und Teilhabe der vielen neuen Menschen in unserer Gesellschaft. Diese neue Aufgabe wird uns über lange Zeit sehr intensiv fordern, weit über die laufende Legislaturperiode hinaus, und hat natürlich auch erhebliche Auswirkungen auf den folgenden Landeshaushalt 2017/2018, und zwar auf sämtliche Einzelpläne.

Betrug der kumulierte Haushaltsansatz für den Politikbereich Migration und Teilhabe im Jahr 2014 beispielsweise noch 172 Millionen Euro, so wird er sich für die kommenden Haushaltsjahre 2017 und 2018 auf 1,5 bzw. 1,4 Milliarden Euro belaufen. Damit wird Niedersachsen in den beiden nächsten Jahren zusammen circa 3 Milliarden Euro für vielfältige Maßnahmen zur Bewältigung des erhöhten Zuzuges von Flüchtlingen zur Verfügung stellen und so den Weg für eine erfolgreiche Integration ebnen.

Hinsichtlich der Beteiligung des Bundes erhält das Land im Zeitraum 2017 bis 2018 rund 690 Millionen Euro. Folglich trägt das Land bei der Aufnahme und Integration von Flüchtlingen mehr als zwei Drittel der Kosten selbst und kann trotz dieser finanziellen Herausforderung für die kommenden Jahre einen ausgeglichenen Haushalt vorweisen.

Bei der Integration und Teilhabe ist das Sozial- und originäre Integrationsministerium zuallererst gefordert. Im Einzelplan 05 – für den ich mich auch bei Ihnen und Ihrem Haus, Frau Ministerin Rundt, herzlich bedanken möchte – kann dieses bereits auf gute Strukturen aufbauen, wie beispielsweise den landesweit flächendeckend bestehenden Koordinierungsstellen für Migration und Teilhabe oder der Beratungsförderung im Rahmen der Flüchtlingssozialarbeit, sowie die allgemeine Integrationsberatung.

Für die diesjährigen Haushaltsplanungen sind insbesondere die Aufwendungen für die Unterbringung, Versorgung und Betreuung der unbegleiteten ausländischen Minderjährigen von hoher Bedeutung, da die Zahl der aus ihrer Heimat geflüchteten Kinder und jungen Menschen seit dem letzten Jahr immens angestiegen ist. Mit diesem Anstieg stiegen auch die Kosten von 44 Millionen Euro 2015 auf 280 bzw. 204 Millionen Euro in den kommenden Jahren 2017 und 2018.

Aber auch Integration durch Arbeit – hier sei an die Novellierung des Niedersächsischen Berufsqualifikationsfeststellungsgesetzes erinnert – als auch die Ko-Finanzierung des IQ-Netzwerk mit entsprechend verdoppelter Landesförderung sind unverzichtbar.

Gesellschaftspolitisch gilt es, dem Neo-Salafismus als derzeit dynamischste fundamentalistische Bewegung weltweit entschlossen und frühzeitig entgegenzutreten. So wurde unter Federführung des Sozialministeriums eine Beratungsstelle zur Prävention neo-salafistischer Radikalisierung „beRATen“ eingerichtet, die mit circa 400.000 Euro vollständig vom Land getragen wird. Erste Erfahrungen zeigen, dass sich der ganzheitliche Beratungs- und Begleitungsansatz hier bewährt hat und die Beratungsfälle auch weiterhin ansteigend sind.

Auch die die Regierung tragenden Fraktionen haben ferner über die politische Liste in einem erheblichen Umfang migrationspolitische Schwerpunkte für die kommenden zwei Jahre gesetzt. Dazu zählen beispielsweise die Erhöhung von Maßnahmen zur Prävention salafistischer Radikalisierung um weitere 200.000 Euro jährlich, die Förderung eines psychosozialen Zentrums für Flüchtlinge im Umfang von 3 Millionen Euro, die Unterstützung jugendlicher Flüchtlinge in Beruf und Gesellschaft mit 2,5 Millionen Euro, aber auch Mittelaufstockungen bei Dolmetscherleistungen für Flüchtlinge mit 1,7 Millionen Euro, der Unterstützung von Migration mit 1 Millionen Euro, der Flüchtlingssozialarbeit und dem bürgerschaftlichen Engagement in der Flüchtlingshilfe von jeweils 1 Million Euro pro Jahr. Neben der Finanzierung einer unabhängigen Asylverfahrensberatung mit 400.000 Euro möchte ich abschließend die Beteiligung an einer humanitären Maßnahme im Nordirak bzw. dem Libanon im Umfang von 1 Million Euro nicht unerwähnt lassen.

Ich fasse daher noch einmal zusammen: Wir geben Orientierung und sagen auch migrationspolitisch klar, wie es weitergehen wird.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.