Mitteilungen aus dem Landtag – 02/2017

Liebe Braunschweigerinnen und Braunschweiger,

das alles beherrschende Thema der letzten Tage auf Landesebene waren die jüngsten Medienberichte, nach denen in der Braunschweiger Landesaufnahmebehörde (LAB) bewusst Sozialmissbrauch von Asylsuchenden (hier: Sudanesen) vertuscht wurde. Diese Vorwürfe wiegen schwer. Deshalb ist es mir wichtig, dass sie wissen, dass ich mich selbst seit Beginn der Flüchtlingskrise stets dafür eingesetzt habe, Kriminalität unter Asylsuchenden nicht zu tabuisieren.

Einen wichtigen Beitrag hat in diesem Zusammenhang die Arbeit der Sonderkommission Zentrale Ermittlungen (SOKO ZERM) unter Ulf Küch hier in Braunschweig geleistet. Zentrales Anliegen des Landes Niedersachsen war und ist es hierbei, für spezifische Straftaten einen möglichst engen Draht zwischen Polizei und Landesaufnahmebehörde systematisch zu installieren. Eine Einrichtung die sich mehr als ausgezahlt hat, wie wir auch an diesem vorliegenden Fall erkennen können.

Als Sprecher für Migration und Teilhabe habe ich im Spätherbst 2015 darauf hingewiesen, dass die zuständigen Behörden des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) nicht in der Lage waren, allen Asylsuchenden eine Asylantragstellung einschließlich einer erkennungsdienstlichen Behandlung mit Abnahme von Fingerabdrücken zu ermöglichen. So wurden z. B. im November 2015 in Niedersachsen durch das BAMF maximal 1.000 Asylanträge – also Registrierung und ED-Behandlung im MARIS-System des Bundes – pro Woche entgegengenommen. Dem standen allerdings Zugänge von über 1.000 Personen pro Tag in Niedersachsen gegenüber, sodass sich alleine in Niedersachsen der Rückstand des BAMF bei der Annahme von Asylanträgen um rund 6.000 Fälle pro Woche erhöhte. Problematisch war auch, dass zwischen dem Bundessystem MARIS einerseits und dem Landessystem NiAS keine digitale Schnittstelle bestand. Außerdem bestand keine ausreichende Rechtsgrundlage zum Austausch dieser Daten.

Nach meinen damaligen Gesprächen mit der SOKO ZERM habe ich mich – auf deren Bitte hin und mit dem Hinweis auf Sozialmissbrauch – beispielsweise im Land für die Anschaffung von Scannern zur erkennungsdienstlichen Erfassung von Asylbewerbern eingesetzt. Dies sollte erfolgen, um einer möglichen Mehrfachregistrierung entgegen treten zu können. Denn meine Haltung in dieser Frage ist klar und unmissverständlich: Sozialmissbrauch ist kein Kavaliersdelikt, sondern eine Straftat, die es mit allen Mitteln des Gesetzes zu verfolgen gilt. Sollte es durch LAB-Mitarbeiter zu bewusster Vertuschung gekommen sein, muss dies Konsequenzen haben. Alles andere ist der Bevölkerung nicht vermittelbar und bereitet Rechtspopulisten nur den dankbaren Nährboden eines vermeintlichen Ungerechtigkeitsgefühls.

Sollten die nun in den Medien geäußerten Vorwürfen, dass LAB-Mitarbeiter in den vergangenen Monaten bewusst mehrfach gestellte Asylanträge durch Flüchtlinge verschleiert und nicht weiterverfolgt haben zutreffen, beschädigt das nicht nur massiv das Ansehen der LAB, die sich als Teil des bundesweit gelobten Braunschweiger Flüchtlingskonzepts eigentlich ein sehr gutes Ansehen erarbeitet hat. Es beschädigt vielmehr auch die Arbeit der unzähligen Helfer, die sich für eine offene aber stets ehrliche Integrationspolitik einsetzen. Außerdem hilft es rechtspopulistischen Hardlinern, den Asylmissbrauch Einzelner und die Unterstützung dazu nun für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Ganz gleich, ob die die beschuldigten LAB-Mitarbeiter dies absichtlich oder unabsichtlich getan haben.

Ich werde mich jedenfalls für eine rückhaltlose Aufklärung der Vorwürfe einsetzen, um den Verdacht auszuräumen, das seitens der Politik – wie teils behauptet wird – ein Klima geschaffen worden wäre, Straftaten von Ausländern unter den Tisch kehren zu wollen. Einer Vertuschung oder „falsch verstandenen Toleranz“ gilt es entschieden entgegen zu treten.